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Coronavirus-Recht

Rechtsanwalt Fürstenow berät zum Gesetz „zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil –, Insolvenz – und Strafverfahrensrecht“.

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Leistungsverweigerungsrecht bei Verträgen der Grundversorung

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Insolvenzrecht

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Aussetzung des Kündigungsrechts von Mietverträgen

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Handlungs– und Beschlussfähigkeit

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Gesetzlicher Kündigungsschutz für Verbraucherdarlehensverträge

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Vorübergehende Erleichterungen

Gesetzesänderungen im Zivilrecht, im Insolvenzrecht und Strafverfahrensrecht

 

Am Mittwoch, den 25.03.2020 hat der Bundestag den Gesetzesentwurf „zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil –, Insolvenz – und Strafverfahrensrecht“ angenommen. Das Gesetzespaket sieht befristete Änderungen und Ergänzungen der genannten Rechtsgebiete vor. Das Paket umfasst ein Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sowie zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch Covid-19-Pandemie bedingten Insolvenz, ein Gesetz über Maßnahmen im Gesellschaftsrecht, Genossenschaftsrecht, Vereinsrechts, Stiftungsrechts und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und Änderungen des Einführungsgesetzes zu Strafprozessordnung und eine Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch.

Dieser Beitrag beschränkt sich auf die wesentlichen Änderungen des Zivilrechts. Dieser Beitrag soll auch keine vollständige Darstellung der Gesetzesänderungen (auch nicht im Zivilrecht) gewährleisten. Hierzu wird anheimgestellt, sich auf der offiziellen Webseite des Deutschen Bundestages zu informieren. Dieser Beitrag soll vielmehr rechtssuchenden Unternehmen und Einzelpersonen einen ersten Überblick geben über Bereiche, die sie betreffen könnten.

 

Was bedeutet das Gesetzespaket im Einzelnen und welche Rechtsteilnehmer betrifft dies im Besonderen?

 

Das beschlossene Gesetzespaket ändert beziehungsweise ergänzt das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch EGBGB, zeitlich befristet bis zum 30.06.2020 durch besondere Regelungen in Art. 240 EGBGB. Schuldnern, die wegen der COVID–19–Pandemie ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllen können, wird die Möglichkeit eingeräumt, die von ihnen geschuldeten Leistungen einstweilen zu verweigern oder einzustellen, ohne dass hieran für sie nachteilig gerichtliche Folgen geknüpft werden. Unter den nachfolgenden in Art. 240 EGBGB gefassten Regelungen steht Schuldnern damit für diverse Schuldverhältnisse ein Leistungsverweigerungsrecht zu.

Das betrifft im Einzelnen:

 

Leistungsverweigerungsrecht für Verbraucher und Kleinstunternehmer bei Verträgen der Grundversorgung

 

Verbraucher und Kleinstunternehmer haben ein Leistungsverweigerungsrecht bei Ansprüchen in Zusammenhang mit Verträgen, die Dauerschuldverhältnisse sind und vor dem 08.03.2020 geschlossen wurden, wenn sie wegen der Folgen der COVID – 19 –Pandemie ihre Zahlungspflicht aus dem jeweiligen Vertrag nicht erfüllen können. Dies betrifft insbesondere Verträge der Grundversorgung, wie Strom, Gas, Telekommunikation und – soweit rechtlich geregelt – auch Wasser), Art. 240 § 1 EGBGB.

Wer Kleinstunternehmer ist, erklärt Art. 240 § 1 Abs. 2 EGBGB in Verbindung mit der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 06.05.2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleineren und mittleren Unternehmen (ABl. L 124 vom 20.05.2003, S. 36).

 

Aussetzung des Kündigungsrechts von Mietverträgen

Das Recht der Vermieter zur Kündigung von Mietverhältnissen über Grundstücke oder über Räume wird eingeschränkt, und zwar sowohl für Wohnraummietverträge als auch für Gewerberaummietverträge. Damit dürfen Vermieter das Mietverhältnis nicht kündigen wegen Mietschulden aus dem Zeitraum vom 01.04.2020 bis 30.06.2020, Art. 240 § 2 EGBGB.

 

Gesetzlicher Kündigungsschutz für Verbraucherdarlehensverträge

Für Verbraucherdarlehensverträge wird eine gesetzliche Stundungsregelung festgeschrieben und eine Vertragsanpassung nach Ablauf der Stundungsfrist. Auch soll die Möglichkeit gegeben werden, eine abweichende Vertragslösung durch die Vertragsparteien zu finden. Auch hier gewährt der Gesetzgeber einen Kündigungsschutz. Des Weiteren wird der Bundesregierung die Möglichkeit eingeräumt, im Wege einer Verordnung diese Regelung auf weitere Gruppen von Darlehensnehmern auszuweiten, Art. 240 § 3 EGBGB.

 

Verlängerung der Befristung über den 30.06.2020 hinaus

Der Bundesregierung wird die Möglichkeit eingeräumt, im Wege eine Verordnung die zunächst bis zum 30.06.2020 gesetzten Fristen für die oben dargestellten Sachverhalte zu verlängern, Art. 240 § 4 EGBGB.

 

Insolvenzrecht

Nachdem bisher geltenden Insolvenzrecht sind Geschäftsführer und Vorstände von haftungsbeschränkten Gesellschaften im Falle einer Überschuldung oder einer Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichtet, § 15a InsO und § 42 Abs. 2 BGB. Die Missachtung dieser Antragspflicht hat strafrechtliche und haftungsrechtliche Konsequenzen. Auch bestehen Haftungsgefahren aus gesellschaftsrechtlichen Zahlungsverboten im Falle einer eingetretenen Insolvenzreife, etwa § 64 Satz 1 GmbH-Gesetz oder § 92 Abs. 2 Satz 1 Aktiengesetz.

Die Insolvenzantragspflicht und die Zahlungsverbote sind bis zum 30.09.2020 ausgesetzt. Dies gilt nicht, sofern die Insolvenz nicht auf den Auswirkungen des COVID– 19–Pandemie beruht oder keine Aussicht auf Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit besteht. Damit haben auch die Gläubiger in den vorgesehenen Zeitraum nicht die Möglichkeit, einen Insolvenzantrag zu stellen. Im Wege einer Verordnung kann der Zeitraum bis zum 31.03.2021 verlängert werden.

 

Gesellschaftsrecht, Genossenschaftsrecht, Vereinsrecht, Stiftungsrecht und Wohnungseigentumsrecht

 

Handlungs– und Beschlussfähigkeit

Aufgrund der Beschränkungen der Versammlungsmöglichkeiten aufgrund der COVID –19–Pandemie wurden wesentliche Erleichterungen für die Durchführung von Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften, von Kommanditgesellschaften, von Kommanditgesellschaft auf Aktien, von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit und von Europäischen Gesellschaften (SE) sowie für die Gesellschafterversammlung der GmbH, der Generalversammlung der Genossenschaften sowie der Versammlung von Genossenschaften und Mitgliederversammlungen von Vereinen als auch Wohnungseigentümergemeinschaften geschaffen.

 

Vorübergehende Erleichterungen:

 

GmbH

Beschlüsse der Gesellschaft können nunmehr in Textform oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter gefasst werden.

 

Für AG, KGaA und SE

Der Vorstand hat nun die Möglichkeit auch ohne Satzungsermächtigung eine Online-Teilnahme an der Hauptversammlung zu ermöglichen.

Es ist nun möglich eine präsenzlose Hauptversammlung mit eingeschränkten Anfechtungsmöglichkeiten durchzuführen.

Weitere Änderungen:

Verkürzung der Einberufungsfrist auf 21 Tage

Ermächtigung für den Vorstand, auch ohne Satzungsregelung Abschlagszahlungen auf den Bilanzgewinn vorzunehmen

bisherige 8-Monatsfrist für die Hauptversammlung wird verlängert: Nunmehr ist eine Hauptversammlung innerhalb eines Geschäftsjahres durchzuführen.

 

Genossenschaften, Vereine

Es besteht nun die Möglichkeit der Durchführung von Versammlungen ohne einer physischen Präsenz sowie die Beschlussfassung außerhalb von Versammlungen.

 

Genossenschaften, Vereine, Stiftungen und WEG

Des weiteren Regelungen für den vorübergehenden Fortbestand bestimmter Organbestellungen getroffen, sofern diese ablaufen, ohne das neue Organmitglieder bestätigen werden können.

 

WEG

Zur Sicherstellung der Finanzierung der WEG gilt der zuletzt beschlossene Wirtschaftsplan bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplans fort.

 

Umwandlungsrecht

Bisher galt gemäß § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG, dass das Gericht die Verschmelzung nur eintragen darf, wenn die Bilanz auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegen den Stichtag aufgestellt worden ist. Diese Frist wird auf zwölf Monate verlängert.

Was bedeutet Leistungsverweigerungsrecht, und habe ich ein solches auch als Mieter? Muss ich mein Leistungsverweigerungsrecht ausdrücklich geltend machen?

 

Leistungsverweigerungsrecht bedeutet, dass der Vertragspartner seinen Anspruch gegenüber dem Leistungsverweigerungsberechtigten, also von ihm ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (hier Zahlung) nicht durchsetzen kann. Das bedeutet auch, dass derjenige, der ein Leistungsverweigerungsrecht hat, bei Verweigerung der Leistung (Zahlung) nicht in Verzug gerät. Für den Zeitraum der Leistungsverweigerung fallen also keine Verzugszinsen an. Endet das Leistungsweigerungsrecht so muss der Schuldner jedoch (wieder) zahlen.

Bei Mietverträgen sowie Verträge mit arbeitsrechtlichen Ansprüchen gilt es Leistungsverweigerungsrecht nicht. Wie oben jedoch dargestellt wäre die Nichtzahlung der Miete aufgrund von der COVID –19–Pandemie aber kein Kündigungsgrund.

Im Rahmen von Verbraucherdarlehensverträgen gilt, dass Ansprüche des Darlehensgebers auf Rückzahlung, Zinsen – oder Tilgungsleistungen die zwischen dem 01.04.2020 und dem 30.06.2020 fällig werden, mit Eintritt der Fälligkeit auf die Dauer von drei Monate gestundet werden. Eine Stundung bewirkt ebenfalls ein Leistungsverweigerungsrecht in diesem Stundungszeitraum.

Die Kündigungen wegen Zahlungsverzugs, wegen wesentlicher Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Verbrauchers oder der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit sind in diesem Fall bis zum Ablauf der Stundung ausgeschlossen.

Das Leistungsverweigerungsrecht ist eine Einrede, und es muss sich ausdrücklich bei Nichtzahlung darauf berufen werden; der Schuldner muss grundsätzlich auch belegen, dass er wegen der COVID–19–Pandemie nicht leisten kann.

 

Was bedeutet das für mich als Unternehmer und Vertragspartner, wenn mir gegenüber ein Leistungsverweigerungsrecht etc. ausgeübt wird (Vermieter, Darlehensgeber, Versorger etc.)?

 

Leistungsverweigerungsrecht von Verbrauchern und Kleinstunternehmen

Ein Leistungsverweigerungsrecht besteht nicht, wenn die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts für den Gläubiger seinerseits unzumutbar wäre, da die Nichterbringung der Leistung die wirtschaftliche Grundlage seines Erwerbsbetriebes gefährden würde (Verbraucher als Vertragspartner) oder deshalb unzumutbar wäre, da die Nichterbringung der Leistung zu einer Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhalts oder des angemessenen Lebensunterhalts seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen oder der wirtschaftlichen Grundlagen seines Gewerbebetriebes führen würde (Kleinstunternehmer als Vertragspartner).

In einem solchen Fall würde dann dem Schuldner aber das Recht zur Kündigung zustehen.

 

Vermieter

Im Falle einer COVID–19–Pandemie begründeten Nichtzahlung der Miete kann der Vermieter nichts entgegensetzen.

 

Darlehensgeber

Die Vertragsparteien gemeinsam, also nicht der Darlehensgeber allein, können von der grundsätzlichen Regelung der Stundung abweichende Vereinbarungen, insbesondere mögliche Teilleistungen, Zins- und Tilgungsanpassungen oder Umschuldungen treffen. Kommt eine einverständliche Regelung für den Zeitraum nach dem 30.06.2020 nicht zustande, verlängert sich die Vertragslaufzeit um drei Monate, und die jeweilige Fälligkeit der vertraglichen Leistung wird um diese Frist hinausgeschoben.

Die Regelungen zum Schutz der Verbraucherdarlehensnehmer gelten nicht, wenn dem Darlehensgeber die Stundung oder der Ausschluss der Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls einschließlich der durch die COVID–19–Pandemie verursachten Veränderungen der allgemeinen Lebensumstände unzumutbar ist.

 

Rechtsanwalt Sascha C. Fürstenow berät Sie gerne zur aktuellen Rechtslage und bietet vorab eine kostenlose und unverbindliche Ersteinschätzung Ihres Sachverhalts an.