Steigende Sozialversicherungsbeiträge und die Haftung des Geschäftsführers – auf diese Punkte müssen Geschäftsführer im Fall einer Insolvenz achten
Die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge zum Jahreswechsel sollte dazu dienen, die finanziellen Engpässe in der Kranken- und Pflegeversicherung zu reduzieren. Doch nicht nur die Kranken- und Pflegeversicherung sind von finanziellen Herausforderungen betroffen, sondern auch viele weitere Unternehmen, die sich in erster Linie nach der Corona-Pandemie noch nicht ganz von den wirtschaftlichen Verlusten erholt haben. Ihnen droht aufgrund der steigenden Kosten und Sozialversicherungsbeiträge eine mögliche Zahlungsunfähigkeit. Dabei müssen Geschäftsführer insbesondere im Fall einer Insolvenz des Unternehmens die möglichen Haftungsrisiken berücksichtigen, warnt Rechtsanwalt Sascha C. Fürstenow.
Geschäftsführerhaftung im Zusammenhang mit Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen
Kurz erklärt: Der Geschäftsführer ist dazu verpflichtet wie ein Arbeitgeber zu agieren. So muss er die Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeiträge abgeben und die Beiträge an die Sozialversicherung abführen. Tut er dies nicht, könnte er nicht nur zivilrechtlich verpflichtet sein, Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB zu leisten, sondern die Nichtzahlung der Sozialversicherungsbeiträge könnte als Straftat nach § 266a StGB gewertet werden.
Haftungsrisiken nach der Insolvenzreife
Laut § 15b der Insolvenzordnung (InsO) haften Geschäftsführer grundsätzlich für Zahlungen der Gesellschaft nach der Insolvenzreife. Zahlt die insolvente Gesellschaft eine offene Verbindlichkeit aus, kann es passieren, dass der Geschäftsführer ebenfalls gegenüber dem Insolvenzverwalter persönlich für die Zahlungen aus der Gesellschaft haftet. Häufig kann die Höhe der Beiträge die Existenz der Geschäftsführer bedrohen.
Aufgrund der Rechtsprechung befinden sich Geschäftsführer bei der Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in einer Sackgasse: Einerseits stellt die Nichtabführung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge eine Straftat dar, andererseits ist dem Geschäftsführer nicht mehr erlaubt, nach der Insolvenzordnung Zahlungen auszuführen oder ausführen zu lassen.
Dem Geschäftsführer droht nicht nur ein Strafverfahren bei Nichtzahlung der Sozialversicherungsbeiträge, sondern auch ein Ordnungswidrigkeitsverfahren bei Nichtzahlung von Steuern. Demnach haftet er dann nicht nach steuerrechtlichen Vorschriften, wenn die Zahlungen nicht ausgeführt werden, aber rechtzeitig ein Insolvenzantrag gestellt wurde (Az.: 3a IN 389/22 – Urteil vom Amtsgericht Ludwigshafen). Somit wurde „wenigstens“ ein steuerrechtlicher Ausweg für die Geschäftsführer geschaffen. Laut der Entscheidung des Amtsgerichts aus dem Jahr 2022 gilt diese Ausnahme jedoch nicht für Sozialversicherungsbeiträge, da diese keine Steuern darstellen, erklärt Rechtsanwalt Fürstenow.
Schlusswort: Bewusstsein der persönlichen Geschäftsführerhaftung
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass der Geschäftsführer sich seiner persönlichen Haftung im Insolvenzfall bewusstwerden muss. Der Geschäftsführer ist trotz Insolvenzreife verpflichtet, die Sozialversicherungsbeiträge abzuführen.
In dem Fall, dass ein Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen muss bzw. sich auf dem Weg in solch eine Situation befindet, empfiehlt Rechtsanwalt Fürstenow so früh wie möglich anwaltlichen Rat einzuholen, um die Haftungsrisiken und die strafrechtlichen Konsequenzen bei einer Nichtzahlung zu vermeiden. Zudem kann eine anwaltliche Beratung dazu dienen, Maßnahmen und Lösungen zu finden, um sich vor persönlicher Haftung zu schützen bzw. die Haftung zu begrenzen z.B. durch eine unverzügliche Insolvenzanmeldung, wenn die Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung festgestellt wurde.